In
Neef wurde Hanf angebaut. Neben Seilen
sollten auch Tuche angefertigt worden
sein. Man muss sich nicht im Reiche der
Phantasie bewegen, wenn man vermutet,
dass der namentlich erwähnte Auswanderer
Hans aus Nefe seinen Beruf als Tuchmacher
schon in Neef erlernt und ausgeübt hat.
Gab es doch dort am Moselufer den
Haargarten, in dem Hanf angebaut wurde.
In der moselfränkischen Sprache nannte
man Hanf Haar. Und aus Hanf-Fasern wurden
Tuche gewebt. Hans war bereits 1444
Bürger in Zwickau und mit Margaretha
verheiratet. Im Totenbuch der Zwickauer
Franziskaner wird er als Hingeschiedener
1477 mit Hans Neuen aufgeführt. Er
dürfte zuvor im nahen Erzgebirge gelebt
haben und über Zwickau schließlich nach
Chemnitz gekommen sein.
Hans Neefe war ob der Geschehnisse in
seiner Heimat an der Mosel für einen
Neuanfang voll motiviert. Er war ein
Meister des Tuchmacherhandwerks. Es ist
sehr wahrscheinlich, dass Hans zu den
Chemnitzern Bürgern gehörte, die mit
böhmischen Kaufleuten profitablen Handel
trieben. Diese galten allerdings als
Ketzer. Weil Hans wegen dieser
Machenschaft exkommuniziert wurde, bekam
er akute Angst um sein Seelenheil.
Deshalb erfüllte er zu seiner
Rehabilitierung nicht nur einen ihm
auferlegten Ablass, sondern freiwillig
drei solcher Bussen. Drei Ablässe sind
besser als einer, aber sie
kosteten eine Menge Geld! Vermutlich
konnte jedoch die Summe aus den vorher
gemachten Profiten mit den böhmischen
Kaufleuten gut und gerne bezahlt werden.
Auch die Nachfolgegenerationen betrieben
dieses Gewerbe mit immer größerem
Erfolg, was dem Geschlecht zu immer
größerem Wohlstand und Ansehen verhalf.
Schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts
gehörten die Neefen zu denjenigen
wohlhabenden Familien, welche die Mittel
zum Bau eines Chemnitzer Stadtklosters
zusammen brachten. 500 Gulden stiftete
1457 allein Hans Neefe zu diesem Zwecke
eine für damalige Zwecke ganz
außerordentlich hohe Summe. Man muss
sich fragen, woher der Reichtum kam. Nur
von der Tuch-Herstellung kann er nicht
gekommen sein, da die Innungsgesetze in
dieser Zeit übermäßige Gewinne nicht
zugelassen haben. Es bleibt nur die
Annahme, dass das Geld aus Beteiligungen
am Bergbau in Schneeberg kam.
Der Wohlstand des Geschlechtes
erreichte seinen Höhepunkt zu Anfang des
16. Jahrhunderts vor dem
Dreißigjährigen Krieg. So besaßen z.
B. im Jahre 1600 der Ratsherr Zacharias
Neefe und sein Bruder Paul, Tuchmacher,
jeweils vier Häuser in der Stadt.
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Das
Judith-Lucretia-Portal zierte
ursprünglich das Patrizierhaus,
das sich der reiche Fernhändler
Paul Neefe um die Mitte des 16.
Jahrhunderts am Markt errichtete. |
Ausgehend von Hans Neefe, über seine
Nachfahren Hans I., Hans III., Jakob,
übernahm Paul Neefe in der 5. Generation
die Tuchmacherei. Er war noch keine 22
Jahre alt, als er 1528 / 29 als
Tuchmacher in Erscheinung tritt. Das
beste Geschäft machte er mit dem Handel
seiner Tuche. Seine Fuhren gingen unter
anderem nach Plauen, Regensburg, Linz,
Breslau und Zwickau und umfassten von
1541 1564 2.877 Ballen Stoff was
Rechnungsbeträge in Höhe von insgesamt
107.210 fl. ausmachte.
1559 ist Paul Neefe mit 8.000 Gulden
der höchste Steuerzahler von Chemnitz.
Am 25. März 1564, zweiundeinhalbes Jahr
vor seinem Tode, wird Paul zum letzten
Mal genannt. Das Geschäft übernahmen
die beiden Söhne Paul und Zacharias.
Paul und Zacharias Neefe, erhielten am
4. April 1590 die Genehmigung, auch die
Tuchfärberei zu betreiben. Sie durften
auch fremde Stoffe bearbeiteten. Zugleich
erhielten sie ein Privileg auf zwölf
Jahre, dass ihnen während dieser Zeit
innerhalb der Chemnitzer Bannmeile keine
Konkurrenz entstehen solle. Nach dem
Dreißigjährigen Krieg, in welchem
Chemnitz fast völlig zerstört wurde,
ist das Vermögen der reichsten Familie
der Stadt, auf ein Viertel des früheren
Standes zusammengeschmolzen. Sie hat sich
jedoch mit der Zeit wieder
hochentwickelt, bis sie ein Brand so um
das Jahr 1885 restlos vernichtet hat, wie
es ein Zeitgenosse so gesehen hat.
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Hanfzubereitung
zur Herstellung von Tuchen |
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Portrait von
Paul Neefe |
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