Die
Not der Moselwinzer war nie so groß
gewesen wie zur Mitte des 15.
Jahrhunderts. Zu den Unterdrückungen und
Ausbeutungen durch Adel und Klerus kamen
auch noch Pest und Cholera hinzu
Krankheiten, die nirgendwo im Reich so
wütend aufgetreten waren wie im Trierer
Land. Dies alles ließ eine krasse
Verarmung aufkommen. So stellte sich die
Situation auch in Neef dar. Dort hatte
sich eine fränkische Hundertschaft
angesammelt die von Grafen regiert wurde.
Die Kirche stand unter der zweifelhaften
Obhut des Nonnenklosters Stuben. Adel und
Klerus hatten in Neef hineinregiert und
allerhand Trübsal und Not aufkommen
lassen. Die Neefer Landleute hatten nur
noch Eicheln und Wurzeln zu ihrer
Ernährung - so wird es überliefert. Und
als die Mönche aus Echternach allen
Besitz in Neff erhielten, wie es drei
Urkunden vom 2. und vom 4. September 1419
festhalten, kehrte für die Bürger keine
Besserung ein. Sie befanden sich
weiterhin in voller Leibeigenschaft und
waren ihrem Herrn mit Leib und Leben
ausgeliefert und ihm dienst- und
abgabepflichtig. Sie konnten verschenkt,
verkauft oder vertauscht werden, ohne
dass sie auch nur um ihre Meinung gefragt
wurden.
Die Weinberge, die
Hauptexistenzgrundlage der Bauern, hatten
sie allesamt vom Grundherren gepachtet.
Dafür mussten sie die Hälfte der Ernte
als Pachtgebühr abgeben. Nur in den
herrschaftlichen Kelterhäusern durfte
gekeltert werden. Kein Neefer Winzer
hatte eine eigene Kelter. Den ihm
zustehenden Teil der Ernte konnte sich so
der Grundherr vor Ort absichern und auch
gleich die zu entrichtende Abgabe für
die Kelterei vereinnahmen.
Von dem geernteten Getreide musste der
sogenannte Fruchtzehnte an den
Grundherren gezahlt werden. Der Müller
hatte für die Mühlenpacht ... zu
unserer lieben Frau Lichtmesstag (2.
Februar) vier Malter Roggen und am St.
Jakobstag (25. Juli) drei Gänse oder
sechs Trierer Weißpfennige zu zahlen.
Hinzu kamen noch die Abgaben zur
Benutzung des Backhauses, bis
letztendlich dann endlich der Bauer sein
sauer verdientes Brot essen konnte.
Die Bürger hatten für alle Bauten an
der Burg aufzukommen. Der Amtmann
residierte dort als Vertreter des Trierer
Kurfürsten. Er hielt Gericht, und die
Gerichtskosten bedeuteten für ihn eine
satte Einnahmequelle. Willkürliche
Strafgelder füllten für ihn weiter die
Kasse. Und wer nicht parierte, der wurde
an den Pranger gestellt.
Die Neefer Forst war im Besitz des
Klosters und des Kurfürsten. Man gestand
den Bauern lediglich zu, im Wald
Abfallholz, Eicheln und sonstige Früchte
zu sammeln. Ansonsten hatten sie als
Treiber bereit zu stehen, wenn die
Herrschaften zur Jagd gingen. Nur wenn
der Wolf zu stark auftrat, dann
überließ man den Bauern eine
selbständige Jagd. Dies nahm man jedoch
wegen der Gefährlichkeit dieses
Unterfangens mit sehr großem Unwillen
wahr.
Die Gemeinden im mittleren und unteren
Moselbereich hatten alle Schiffs- und
Landfahrten für den Kurfürsten
durchzuführen. Ihm gehörten auch die
Fischrechte, sowohl in der Mosel, im
Neefer Bach und in den Mühlenteichen.
Nicht zuletzt musste auch noch dem
Nonnen-Kloster Stuben der Zehnte
entrichtet werden, weil der für Neef
zuständige Kaplan im Kloster wohnte. Dem
Kaplan stand nicht nur der Zehnte zu, es
gab für ihn auch noch Gaben und
Vermächtnisse auf die Altäre seiner
Pfarrkirche. Sie waren nicht gering.
Letztlich profitierten auch noch die
Stubener Nonnen von den Einkünften des
Kaplans, der die ihm zufließenden
Naturalien gar nicht alleine verzehren
konnte. Die Nonnen wiederum nagten
keinesfalls am Hungertuche. Sie waren
alle adeliger Herkunft, und die
eingebrachten Mitgifte waren nicht
gering. Außerdem erhielt das Kloster
viele Stiftungen, Vermächtnisse und
Schenkungen, die zumeist Wein und
Weinberge ausmachten. Stuben hatte die
besten Weinberge in der ganzen Umgebung.
Der Klosterkeller reichte oft zur
Lagerung der Weine nicht aus, so dass
Keller in anderen Orten angemietet werden
mussten. Der Weinreichtum mag Hauptgrund
dafür gewesen sein, dass sich eine solch
lotterhafte und ausschweifende Lebensart
eingewöhnte, dass deshalb später das
Kloster geschlossen werden musste.
Und als die verarmten Neefer Bürger
nun noch erfuhren, wie die Mönche aus
Echternach das große Geschenk aus Neve
feierten, was 1426 Abt Petrus von
Hübingen gar selbst anordnete, mag es
manchem Neefer Bürger endgültig
gereicht haben und wanderte aus.
Den meisten anderen Orten im Umfeld
von Neef erging es nicht besser. So wird
von Corray (heutiger Stadtteil von Zell)
berichtet, dass die gedrückten Einwohner
über Nacht heimlich ausrückten, ... um
gen Prag im Böhmerlande eine bessere
Steh (Bleibe) zu finden. Die Bürger
waren im Eigentum des Herren. Der
einzelne Leibeigene durfte ohne Erlaubnis
seinen Wohnsitz nicht wechseln. Es kam im
gesamten Moselland zu einer massenhaften
Landflucht, die vereinzelt ganze Dörfer
zu Wüstlandschaften werden ließ.
Bei der Auswanderung von Neefer
Bürgern kann man sich vorstellen, dass
sie auf ein vorbeifahrendes Weinschiff
aufgesprungen sind und so nach Köln
kamen. Von dort ging es dann per pedes
mit Fuhrwerk und Proviant in langen
Märschen gegen Osten hin zum Erzgebirge.
Es könnte sein, dass sich eine Gruppe
absonderte und ins Württembergische zog,
um dort dem erlernten Winzerberuf
nachzugehen. Dazu gibt es Anhaltspunkte.
Eine grosse Anzahl der Neefs waren
Weingärtner (Winzer) gem. einem
Schreiben von Herbert Neef,
Leinfelden-Echterdingen. Der Rest der
Gruppe wanderte weiter nach Schneeberg im
Erzgebirge, wo sie hochwillkommen waren.
Wurden doch dort in jener Zeit mit
großem Profit Erze abgebaut, während
man in Neef eine Erzgrube wegen
Unrentabilität geschlossen hatte.
Die Erzgrube in Neef kennt man nur
leerstehend und verwahrlost. Sie teilt
sich nach etwa 15 Metern in zwei Stollen,
wovon der tiefste cirka 40 Meter in den
Berg hinein geschlagen wurde.
|
Foto
vom Autoren, der die Grube in
neuester Zeit besichtigte und
auch die typischen
Handwerksgegen- stände im Umfeld
des Stollens fand. |
Ein Teil der Auswanderer von der Mosel
hatte also Erfahrung mit dem Erzabbau und
konnten sich umgehend bewähren. Es wird
überliefert, dass die Schürfungen in
der Zeche St. Georg sehr rentabel gewesen
waren. Bereits 1481 erhielt Schneeberg,
nicht zuletzt wegen eines eingetroffenen
Wohlstandes durch den Erzabbau, die
Stadtrechte. Bürger mit dem Namen Neef
kann man in Schneeberg seit 1480 konkret
feststellen. Sie sind jedoch sicherlich
schon früher dort gewesen. Durch einen
großen Stadtbrand sind keine früheren
Quellen vorhanden.
Auswanderung 1561
In jener Zeit wurden allgemein
Familiennamen eingeführt. Vielfach
wurden Eigenschaften des Lebens und auch
die Heimat dabei eingebracht. Als bestes
Beispiel sei aufgeführt, dass Graf
Gerhard von Sponheim, als er anno 1330 in
Hagenau (Elsass) vom Kaiser Ludwig das
Hohe Gericht erhielt, als der von Neven
genannt wurde.
Allerdings haben es die Schreiber von
Urkunden im Mittelalter offenbar mit der
Rechtschreibung nicht so ernst genommen,
sei es durch mangelnde Aufmerksamkeit
oder auch durch eine gewisse
Unfähigkeit. Auch ist bekannt, dass
damals urkundliche Verträge oft mit
einem ausgiebigen Weingelage verbunden
waren und somit eine aufgekommene
Weinlaune ein gewisses Phlegma aufkommen
ließ. Wenn sich nun eine Neefer Person
nach ihrem Wohnort nannte, so hätte sie
sich aufgrund urkundlicher Nennungen
Neuim, Nevim, Nevim, Neiven, Neiuen,
Neuen, Neuin, Neven, Neuen, Neve, Neive,
Neuin, Neiffen, Neven, Nefe, Nefen, Neff,
Neeff oder auch Neef nennen können.
Schwerpunktmäßig hat sich bis in die
heutige Zeit der Familienname Neef und
Neefe durchgesetzt.
|
Auf
einer Landkarte von 1511 ist der
Ort Neef mit seiner Burg
eingezeichnet. Fortan ist auf
anderen Landkarten der Ort immer
öfter mit Neef vermerkt. |
An dieser Stelle sei bemerkt, dass
Recherchen zu dem Thema der Auswanderung
aus Neef, inklusive der nachfolgenden
Entwicklung, längst noch nicht beendet
sind. Sowohl ich, als auch einige
Neefs und Neefes sind am
forschen. Meine Ausarbeitung wird somit
mit Sicherheit weiter ergänzt werden.
Werden sich auch noch weitere Forscher
beteiligen, würde dies sicherlich mit
dazu beitragen, dass letztendlich ein
ausgiebiges, umfangreiches und
qualifiziertes Werk entstehen würde.
Unsere Nachfahren werden dafür dankbar
sein.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Der Bergknappe |
|
|
|
Die typischen
Handwerksgegenstände, die im
Umfeld des Stollens gefunden
wurden. |
|
|
|
|
|
|