Die
Grafen von Sponheim beherrschten ein
bedeutendes Territorium zwischen Mosel
und Nahe. Sie sind mit großer
Wahrscheinlichkeit im Dienste der Salier
aufgestiegen. Dieses Geschlecht, das von
1024 bis 1125 Kaiser und Könige stellte,
besaß im Mittelrheingebiet zahlreiche
Grafschaften, die es von Untergrafen, den
Emichonen, verwalten ließ. In einer
Urkunde von 1146, in der die Güter von
Neef dem Kloster Arnstein bestätigt
werden, wird ein Emischonem als Zeuge
aufgeführt. Die Emischonen werden als
die Urväter des Grafengeschlechtes derer
von Sponheim angesehen. Zwischen dem
10. und 12. Jahrhundert begannen
Angehörige des Adels sich nach ihren
bevorzugten Sitzen zu benennen, sich
somit Familiennamen im heutigen Sinne
zuzulegen. So tritt 1051 Stephan von
Spanheim als erster Graf auf, der sich
nach der bei Kreuznach gelegenen Burg
nannte. Eine Sage berichtet, dass ein
Ritter dieses Geschlechtes von einem
Kreuzzug einen Span des hl. Kreuzes aus
Jerusalem mitbrachte und war denn der
Spanheimer die späteren
Sponheimer.
Das Geschlecht der Grafen von Sponheim
besitzt für die Lande an Mosel, Nahe und
Rhein, für Hunsrück, südliche Eifel,
Rheinhessen und auch Pfalz eine sehr
große historische Geltung, gehörte es
doch zu den bedeutenden
Adelsgeschlechtern des Deutschen Reiches.
Alte
Landkarte |
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weitere
Landkarte:
"Rumpenkirchen" - das
vormalige fränkische
"Nevim" |
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Die Spanheimer hatten die Neefer Burg
schon vor 1140 vom Reich zu Lehen und
regierten in ihr als Schultheiße einer
Hundertschaft gab es doch außer
dem Ort an der Mosel noch einen
Ortsbezirk auf dem Petersberg (nannte
sich Rumpenheim), eine Siedlung in der
Nähe vom Kloster Stuben. Diese nannte
sich Zurschobon. Dort wohnten vermutlich
die Beschäftigten des Klosters. Und
nicht zuletzt gab es auch noch das
Kloster Stuben selbst. Alle diese
Ansiedlungen unterstanden dem Gericht
Neef.
Bereits 1140 tritt Gottfried I. (1135
1183) von Spanheim in den Annalen
des Klosters auf (als Godefridus
prepositus = an der Spitze
stehender, womit die Führung einer
Hundertschaft in Verbindung zu bringen
ist), als dieses von Erzbischof Albero
die Kirche von Neef geschenkt erhielt.
Auch als König Conrad III. 1145 und auch
1146 dem Kloster Arnstein Dotationsgüter
in Neef bestätigt, finden wir wieder
jenen Gottfried von Spanheim als
Unterzeichner. In der Urkunde von 1146
tritt Gottfried gemeinsam mit seinem
Verwandten, dem kriegerischen Pfalzgrafen
Hermann, auf. Sie beide kämpften öfters
zusammen in heftigen Fehden. Und Hermann
hatte, um eine Erbschaft zu erzwingen,
sein Mündel Elsa von Treis in das
Kloster Stuben genötigt, wie es eine
Überlieferung zu berichten weiß.
Gottfried I. von war im Besitz von
Gütern in Neef und Bremm, die er seinem
Sohn Gottfried II. vererbte. Dieser
heiratete Adelheid von Sayn. Sie brachte
neben erheblichen saynscher Güter auch
den Grafentitel in die Ehe ein. So sind
sämtliche Sayn-Wittgensteiner im
Mannesstamm echte Sponheimer, da sie alle
aus der Ehe von Gottfried von Sponheim
mit Adelheid von Sayn abstammen.
Schloss
Sayn Besitz des Fürsten
zu Sayn- Wittgenstein-Sayn |
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Im Jahre 1190 tritt nun Ludevico
comete de spanheim in einer
Neef-Stubener Urkunden auf und zwar als
Begleiter des Erzbischofs von Trier.
Erzbischof Johann weihte die neuerbaute
Nikolauskirche des Klosters Stuben ein
und bestätigte gleichzeitig die
Schenkung seiner Vorgänger, wonach dem
Kloster die Neefer Peterskapelle zufiel.
Ludwig war der Neffe des Grafen
Gottfried, der zu jener Zeit an einem
Kreuzzug teilnahm. Dass Ludwig seinen
Onkel kommissarisch bei dem Akt vertreten
hat, kann vermutet werden.
Anno 1223 wird die Grafschaft Sponheim
in die Vordere und Hintere Grafschaft
aufgeteilt. Die Nebenlinie Neef gehörte
zu der Vorderen Grafschaft, mit Stammsitz
in Kreuznach, an.
Anfang des 12. Jahrhunderts
bereicherten sich die Neefer Grafen um
den vormaligen beachtlichen Besitz des
Klosterhofes von Maria Laach in Neef, der
großen Weinbergsbesitz im Ort selbst und
im gesamten Umfeld des
Mittelmoselgebietes ausmachte.
Als Graf Gottfried II. (1165
1223) von Sponheim vom Kreuzzug nicht
mehr heimkehrte, wurde sein Besitz auf
seine Söhne aufgeteilt. Heinrich erhielt
neben den Herrschaftsrechten und Burgen
in Kastellaun und Kirchberg auch das
Castrum in Neef nebst Burgmännern,
Dienstleuten, Untertanen und sämtlichen
Einkünfte aus Besitztümern. Der
älteste Sohn Johann I. war Erbe der
saynschen Güter.
Graf Heinrich floss durch Heirat mit
Agnes zu Blankenberg ansehnliches
heinsbergisches Gebiet zu und wurde Herr
zu Heinsberg. Den Besitz und die Rechte
in Kastellaun, Kirchberg und Neef gibt er
1248 seinem Bruder Johann, der Heinrich
im Tausch saynsches Vermögen
überlässt. Dazu gehörte auch ein
maßgebender Teil der Löwenburg im
Siebengebirge.
Durch die Auflösung der vormaligen
Reichskirche in Neef stehen
landwirtschaftliche Güter (zumeist
Weinberge) in Neef, Bullay, Bremm und
Kastellaun zur Verteilung an. Diese
sprechen sich 1251 Graf Simon und das
Kloster Stuben zu. Dadurch wurde der
Weinbergsbesitz des Grafen Simon
beträchtlich vermehrt.
Offenbar nach dem Vorbild seines
Bruders Heinrich hat auch Eberhard von
Sponheim, der zunächst Domherr in Köln
war, 1291 Anspruch auf einen Anteil am
Erbe seines Vaters Graf Simon I. von
Sponheim-Kreuznach erhoben. Am 22.
Oktober 1291 wurde dieser Anspruch von
Schiedsrichtern anerkannt. Am 8. April
1292 erhielt Eberhard neben Geld und
Einkünften die halbe Burg Dill und ein
Achtel der Burg Sponheim. Diese
Besitzungen gestatteten es Eberhard, eine
Ehe einzugehen. Noch im gleichen Jahr
erscheint er als Schwiegersohn des
Gerhard, Truchsess von Alzey, der ihm und
seiner Tochter einen Teil der Burg Alzey,
ein Anrecht auf das Truchsessenamt der
Pfalzgrafen, Zinse und Zehnten zu Alzey,
Rockenhausen, Uelversheim und
Schafhausen, den Patronat zu Wolfsheim,
sowie Gülten zu Gundersheim und Eimsheim
vermachte; die lehnsherrliche Zustimmung
des Pfalzgrafen lag vor. Wie sein Bruder
Heinrich hatte auch Eberhard eine Dame
aus einem Ministerialgeschlecht
geheiratet; dies minderte den Stand der
Kinder, die nicht mehr den Grafentitel
trugen, der Eberhard noch gelegentlich
zugebilligt wurde.
Mit dem ihm 1292 zugewiesenen Erbteil
hat Eberhard sich nicht zufrieden
gegeben. Am 12. Februar 1299 unterwarf er
sich in dieser Sache dem Urteil seiner
Neffen Simon und Johann. Deren Vorschlag
akzeptierte er am 16. Oktober 1299.
Demnach erhielt er die Burg Neef mit
allen Rechten und Zubehör, Einkünfte
aus dem Gericht Sohren und ein Fünftel
des sponheim-kreuznachischen Anteils zu
Dill. Offenbar entsprachen die zu Neef
gehörigen Gülten nicht dem
festgesetzten Betrag, so dass das gesamte
Gericht Sohren an Eberhard fiel; dies
kann daraus geschlossen werden, dass er
seine Ehefrau auf die zu Sohren
gehörenden Dörfer und Gerichte
bewittumen konnte; König Albrecht gab am
27. Oktober 1301 dazu seine
nachträgliche Zustimmung.
Eberhard kam in finanzielle
Schwierigkeiten. Vor September 1303
musste er Sohren mit Zubehör dem
Kirchberger Juden Isaak verpfänden. Die
Grafen Simon und Johann von
Sponheim-Kreuznach hatten daran ein
Lösungsrecht, von dem sie offenbar
Gebrauch gemacht haben, denn 1331 war das
Gericht Sohren im Besitz Simons und
seines Sohnes Walram. Auch die Anteile an
der Burg Alzey, an denen der Pfalzgraf
ein Vorkaufsrecht hatte, sind vor 1305
von Eberhard und seinem Schwiegervater an
den Lehnsherrn verkauft worden.
Möglicherweise bezog sich dieser Verkauf
auch auf die aufgezählten Rechte in und
um Alzey, die später nicht mehr im
Besitz der Linie Neef belegt sind. Auch
vom Anteil an der Burg Dill ist in der
Folge keine Rede mehr; spätestens beim
Erlöschen der Linie ist er an die Grafen
von Sponheim-Kreuznach zurückgefallen.
Eberhard, der nach 1303 nicht mehr
belegt ist, und seine beiden Söhne waren
demnach auf Burg und Herrschaft Neef
beschränkt; daneben besaßen sie einen
Erbanspruch auf das Truchsessenamt der
Pfalzgrafen.
Der ältere Sohn Gerhard trug am 16.
März 1325 die Burg zu Neef dem
Erzbischof Balduin von Trier als
Offenhaus zu Lehen auf. Für Balduin
stand somit die Burg in Fehden und
Kriegen offen ohne dass er für Bau- und
Unterhaltskosten aufzukommen hatte. Zu
dieser Zeit beobachtete Erzbischof
Balduin an Ort und Stelle die Bauarbeiten
zur Erweiterung des gefahrenvollen
Uferpfades von Neef nach dem Kloster
Stuben. Dieser Pfad, wo vordem kaum ein
unbeladenes Pferd hatte geführt werden
können, wurde soviel erbreitert, dass
ein bepacktes Pferd oder ein beladener
Esel passieren konnte.
Am 29. Juli 1330 verleiht der
Römische Kaiser Ludwig dem Edlen Gerhard
von Sponheim, genannt von Neven (von
Neef) vier Juden, deren Nutzen und
Dienstbarkeit bis auf Widerruf durch ihn
oder seine Nachfolger im Reich. Wichtige
Helfer Balduins waren die im Erzstift
ansässigen Juden. Die Kenntnisse und die
Finanzkraft der Juden hatte der
Erzbischof ausgenutzt. Am gleichen Tage
(Hagenau den suntag nach St. Jakobstag
1330) wurde er von Ludwig mit Gericht und
Gütern zu Neef belehnt.
Seither hatten die Herren von Neef das
Recht, beym schopff zu nehmen uff halz
und bauch zu richten. Der Galgen stand
auf dem Galgenkopf, einer Anhöhe im
oberen Neefer Bachtal. Die Hinrichtungen
erfolgten durch den Henker. Als
"unreine Person" wurde er von
der Gemeinschaft gemieden und wohnte mit
seiner Familie oft abgeschieden und
einsam fernab des Dorfes. Neben den
Hinrichtungen hatte der Henker noch
weitere Aufgaben zu erfüllen, die kein
"ehrlicher" Mann erledigen
wollte. Dazu zählten Folterungen, Säuberung
der Kloaken der Herrschaften, die
Zurschaustellung von Delinquenten an den
Pranger und das Vergraben verendeter
Tiere auf dem Schindanger (Tiergarten).
Vermutlich hatte der Henker nebst seiner
Familie und dem Henkerknecht, der ihm zu
Hilfe stand, in einem Schieferhaus (diese
Flur gibt es heute noch) gewohnt, das in
der Nähe des "Tiergartens" im
Distrikt "Sauent" stand. Das
Amt des Henkers galt als unehrbar.
Dementsprechend groß war die
Diffamierung des Henkers. Wer ihn berührte,
galt selber als entehrt. Das Wirtshaus
durfte er nur betreten, wenn keiner der
dort Anwesenden etwas dagegen hatte. Dort
besaß er einen eigenen Platz, auf den
sonst niemand saß und einen eigenen
Krug, aus dem sonst niemand trank. Sein
Platz in der Kirche war ganz hinten, weit
ab von den anderen Plätzen. Häufig
verweigerte ihm der Priester die
Kommunion. Der Beruf vererbte sich vom
Vater auf den Sohn. Kinder von Henkern
konnten ihrerseits auch nur Henker
werden. Andere Berufe standen ihnen nicht
offen. Für die Tätigkeit des Henkers
gab es in den einzelnen Regionen eine
vorgeschriebene Gebührenordnung. So war
z. B. festgelegt, was er für die
Hinrichtung, für das Abnehmen vom Galgen
und die Einsargung, für die verwendeten
Stricke, für Stockhiebe und für die
Fesselung an den Pranger erhielt. Die
Verwertung verendeter Tiere stellte er
nicht in Rechnung. Dafür durfte er das
Fell verwerten, und das für Menschen
ungenießbare Fleisch konnte als Köter für
den Wolfsfang Verwendung finden. Dies
konnte eine nicht unerhebliche
Verbesserung der Einkünfte bedeuten.
Dass die Herren von Neef neben dem
Niederen auch das Hohe Gericht hatten,
das garselbst der Kaiser verlieh, lässt
die große Bedeutung des Ortes in jener
geschichtlichen Epoche erkennen.
König Karl IV. gestattete Gerhard am
13. Februar 1349 die Reichslehen an seine
Schwester Elisabeth zu vererben. Mitte
1351 ist Gerhard zuletzt urkundlich
belegt. Danach gilt Gerhard als
verstorben. Die Witwe des Edelknechts
Gerhard von Sponheim, Aleid (Adelheid),
stiftete am 7. April 1350 mit Zustimmung
des Klosters Stuben in der Veste (Burg)
Neef eine Messe für den Altar der
Burgkapelle. Von nun an wird die
Burgkapelle in den Annalen des Ortes
nicht mehr erwähnt. 1352/53 stiftet
Adelheid eine Messe auf den Marienaltar
der Matthiaskirche in Neef und tritt als
Nonne in das Kloster Stuben ein. Es kann
davon ausgegangen werden, dass nunmehr
das auf den hl. Matthias geweihte
Gotteshaus Pfarrkirche für den Neefer
Adel und auch für die Gemeinde war. Die
Peterskapelle auf dem Berg war fortan nur
noch die Friedhofskapelle und nicht mehr
die Pfarrkiche für den Ort Neef.
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erschienen
in: |
Heimat
zwischen Hunsrück und Eifel,
Beilage der Rheinzeitung, Nr. 3,
März 2004 |
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Wappen der
Vorderen Grafschaft |
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Mann am Galgen |
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Wappen des
Fürstenhauses
Sayn-Wittgenstein-Sayn |
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Literaturnachweise: |
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Berns,
Wolf-Rüdiger - Burgenpolitik und
Herrschaft des Erzbischofs
Balduin von Trier (1307
1354)
Beyer, Heinrich - Urkundenbuch
mittelrheinischer Territorien
Clemens, Paul - Die
Kunstdenkmäler der Rheinprovinz,
Neunzehnter Band, III. Abteilung
Damitz, Karl von - Die Mosel mit
ihren Ufern und Umgebungen
Goerz, Adam - Mittelrheinische
Regesten
Günther, Wilhelm -
Urkundensammlung zur Geschichte
der Rhein- und Mosellandes
Loeschebrand-Horn, H. - J. - Die
Deutschen Heimatführer, Band 8,
Rheinland
Kochems, Heinz - Die Cochemser,
Ein Stück europäischer
Geschichte
Kraemer, Robert - Am Sagenborn
der Heimat I.
Landeshauptarchiv Koblenz (LHA) -
Best. 181, Nr. 55 (Siegler)
Lehmann, J. G. - Die Grafschaft
und die Grafen von Spanheim der
beiden Linien Kreuznach und
Starkenburg
Marx, J. - Geschichte des
Erzstifts Trier
Mötsch, Johannes -
Geschichtlicher Atlas der
Rheinlande, Beiheft V/4, Die
Grafschaft Sponheim
Mötsch, Johannes - Regesten des
Archivs der Grafen von Sponheim
von 1065 1437
Mötsch, Johannes - Regesten des
Archivs der Herrschaft
Winneburg-Beilsten, Nr. 126
Mötsch, Johannes - Balduin von
Luxemburg Erzbischof von Trier
Kurfürst des Reiches 1285
1354, Katalog zur
Landesausstellung in Trier 1.
Juni bis 1. September 1985
Naumann-Humbeck, A. - Studien zur
Geschichte der Grafen von
Sponheim vom 11. bis 13. Jahrh.
Resmini, Bertram - GERMANIA
SACRA, Neue Folge 31, Erzbistum
Trier, 7, Die Benediktinerabteil
Laach
Strasser - Sammlung, Sponheim zu
Neef
Vogt, Werner - Untersuchungen zur
Geschichte der Stadt Kreuznach
Wille, Jakob u. Koch, Adolf -
Regesten der Pfalzgrafen am Rhein
1214 1508, Bd. 1
Zenz, Emil - TA TREVERORUM, Die
Taten der Trierer |
Bildnachweise: |
|
Mann am Galgen -
Petrarca-Meister - Gericht
über gefangene Bauern 1532
Wappen im Besitz des Autoren |
Kartennachweise: |
|
Fer, Nicolaus de
- Le Cours du Rhein depuis
Mayence insques a Coblens,
Ausgabe: Paris 1699 / 1705 |
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