Das Kloster
Stuben, in Urkunden auch Stuba oder
Insula St. Nicolai genannt, lag auf einer
zwischen Bremm und Eller von der Mosel
umflossenen schmalen Landzunge, welche in
den älteren Schriften auch als eine
Insel bezeichnet wird. Von demselben ist
heute nur noch ein Teil der ehemaligen
Kloster-Kirche als malerische Ruine
erhalten. Bevor es das Kloster Stuben
gab, wohnte auf der Insula der reiche,
vornehme und fromme Mann Egelolf. Durch
besondere Fügung vermachte er ein
kleines Burghaus mit Kapelle und Hof,
Weingärten und sonstigen Besitz der
Kirche dergestalt, dass dort ein Kloster
erbaut wird, in welchem seine Tochter
Gisela mit anderen Jungfrauen und Witwen
aus dem Adel nach den Regeln des hl.
Augustinus den Schleier nahmen. Gisela
war die erste Meisterin.
|
Kirchenruine
des Klosters Stuben |
Abt Richard von Springiersbach, dem
die Stiftung zur Hut und weiteren
Entwicklung unterstellt wurde, leitete
den Klosterbau und ließ mit den
vorhandenen Mitteln nebenan eine dem hl.
Nikolaus geweihte Kirche errichten. Die
Stiftung bestätigte der Trierer
Erzbischof Albero als Legat des Papstes
Innocenz II. im Jahre 1137. Gleichzeitig
wurde bestimmt, dass die Zahl der Nonnen
auf höchstens 100 eingeschränkt ist.
Diese Einschränkung lässt erkennen, wie
stark in dieser Zeit der Andrang von
Frauen des Adels gewesen ist, in ein
Kloster einzutreten. Dies kann damit
erklärt werden, daß die Zahl der
adeligen Kämpfer aus dem Trierer Land,
die in den Kreuzzügen mitwirkten und
nicht mehr heimkehrten, groß war,
wodurch viele Adelstöchter unverheiratet
blieben und ins Kloster eintraten. Aus
dem Neefer Adel sind Aleyde von Sponheim
und die Meisterin Franziska von
Metzenhausen als Stubener Nonnen in den
Annalen erwähnt.
Stuben lag im Neefer Gericht. So
traten die in Neef als Schultheiß
residierenden Grafen von Sponheim immer
wieder in Stubener Urkunden in
Erscheinung. Es kann vermutet werden,
dass diese Herren von Neef, die sich
übrigens auch an Kreuzzügen
beteiligten, Mitinitiatoren an der
Klostergründung waren.
Erzbischof Hillin bestätigte den
Vertrag, wonach der Abt von
Springiersbach für das Kloster Stuben
von der Abtei Arnstein a. d. Lahn
wertvollen Grundbesitz in Neef und Bremm,
der Arnstein zuvor als Gründungsgut
zufiel, für 80 Mark gekauft hatte.
Zur weiteren Verbesserung der
Wirtschaftlichkeit schenkte 1140
Erzbischof Albero Stuben die Kirche von
Neef nebst Gefälle und Einkünften. Es
war dies die gleichzeitig mit dem Kloster
erbaute Peterskapelle auf dem Berge.
Damit die Schenkung stets in frischer
Erinnerung bleibe, machte Albero dem
neueingesetzten Pfarrer und seinen
Nachfolgern zur Pflicht, an bestimmten
Festtagen mit dem Konvent zu speisen, die
Gesundheit des Bischofs auszubringen und
den Übertragungsakt laut zu verlesen.
Forthin hatte die Kirchenhoheit über
Neef das Kloster Stuben, wo auch der
Pfarrer für den Ort wohnte. Die Neefer
Bürger hatten für seinen Unterhalt den
Zehnten zu entrichten, der zumeist in
Abgaben von Naturalien bestand, die im
Stubener Zehnthof in Neef zu entrichten
waren. Die bisherige Reichskirche, die im
Ort stehende Capellae der hl. Jungfrau
von Wraower, wurde aufgelöst. So standen
beachtliche landwirtschaftliche
Ländereien des recht begüterten
vormaligen ersten Gotteshauses für Neef
im Ortsbereich, aber auch in Bullay,
Bremm und Kastellaun zur Verteilung an.
Diese sprachen sich Graf Simon von
Sponheim und das Kloster Stuben je zur
Hälfte zu.
Auffallend viele Überlieferungen von
Neef und vom Kloster Stuben tragen die
Handschrift des bedeutenden Chronisten
Caesarius von Heisterbach. Caesarius war
Mönch im Kloster Heisterbach und
verweilte des öfteren als Visitator im
Schwester-Kloster Maria Laach, das
wiederum einen großen Hof in Neef
besaß. Diesen besuchte der Mönch
offensichtlich öfters, denn er berichtet
recht ausführlich von dortigen
Geschehnissen und auch von Vorfällen aus
dem Kloster Stuben.
|
Caesarius
von Heisterbach |
Im Jahre 1208 erfolgte die Schenkung
des Ritters Heinrich von Ulmen mit dem
Sanktuarium des hl. Kreuzes, auch
Staurothek genannt. Zur Aufbewahrung und
Verehrung dieser bedeutenden Reliquie
wurde eine neue Kapelle gebaut.
Erzbischof Heinrich von Trier erteilte
dem Kloster Stuben 1275 für den Neubau
ein Ablassprivilegium. Die Reliquien
veranlassten einen grossen Zulauf und
brachten dem Kloster reiche Opfer ein. In
drei Sommermonaten des ersten Jahres
betrugen die milden Gaben über 450
Goldgulden - eine gewiss damals
bedeutende Summe. Die Prozessionen der
Gemeinde Ediger-Eller zur Kreuzreliquie
fielen dadurch auf, dass sie nicht direkt
den Weg der Mosel entlang zum Kloster
führte, sondern über den Neefer
Petersberg, wo man zuerst den
Kirchenpatron Petrus
begrüßte, ging.
Einen Splitter von der bedeutenden
Reliquie erhielt die Kirchengemeinde von
Neef. Er wurde später in der sogenannten
Kusstafel, eine feine Silberarbeit aus
der niederländischen Spätrenaissance,
verwahrt. Die Reliquie wurde am Fest
Kreuzerhöhung zur Septemberkirmes
besonders verehrt - eine Tradition, die
sich noch lange fortsetzte. So ist es
erklärlich, dass die jetzige Pfarrkirche
1891 auf den Titel Kreuzerhöhung geweiht
wurde.
Erzbischof Balduin war ein besonderer
Freund von Stuben und pflegte auf seinen
Reisen zwischen Koblenz und Trier
gewöhnlich dort einzukehren. Er ließ
die gefahrenvolle Uferpfade bei Stuben,
Bremm und Neef so erweitern, dass ein
bepacktes Pferd oder ein beladener Esel
passieren konnte, wo zuvor kaum ein
unbeladenes Pferd hatte geführt werden
können.
Erzbischof Cuno versuchte die
Einnahmen des Klosters dadurch zu
verbessern, dass er 1374 dem
Nonnenkloster das ausschließliche Recht
des Weinzapfs auf der Neefer Kirmess
verlieh. Vermutlich war mit dem
Schankrecht die Gelegenheit gegeben
worden, auf der Kirchweih den Bauern den
Wein aus schlechten Jahrgängen, den die
Nonnen selbst verschmähten, gegen gutes
Geld loszuwerden.
Interessant ist auch eine weitere
Urkunde aus dem Jahre 1393. Der Neefer
Graf Johann von Sponheim hatte das Recht
des Klosters annulliert, mit vier Eseln
Brennholz aus dem Kondelwald zu holen und
ihm die dafür zu entrichtende Tonne
Heringe zu erlassen. Heringe hatten einen
besonderen Wert. Eine Tonne kostete zu
dieser Zeit 8 Gulden, während man für
eine Kuh 5 ½ Gulden bekam. Die Nonnen
konnten den Preis zum Kauf der Heringe
nicht mehr aufbringen.
Der Zehnte für den im Kloster
lebenden Kaplan für Neef bestand 1569
jährlich aus 2 Fuder Wein, 7 Malter
Korn, 4 Sester Hafer, 1 Sester Erbsen, 1
Sester Salz, 12 Wagen Holz und 3 Paar
Schuhe. Zu Anfang der Fasten erhielt der
Kaplan zusätzlich 50 Heringe, 4 Quart
Öl, 4 Quart geschmolzene Butter und
einmal in der Woche ½ Quart Hirse vor
etwa einen Pfannen Kuchen zu machen. An
Sonn- und Feiertagen wurde er vom Kloster
beköstigt, von dem er auch im Herbst 12
Sester Most und zu Neujahr 2 Lebkuchen
erhielt. Weiter hatte ihm der
Klosterbäcker das Brot zu backen und auf
dem Acker des Klosters durfte er ein
Schwein halten.
Durch eingebrachte Mitgifte
aufgenommener Nonnen, Vermächtnisse und
sonstigen Schenkungen vermehrte sich das
Vermögen des Klosters im Laufe der Jahre
erheblich. Fast in jedem Ort des gesamten
Umfeldes hatte das Kloster Güter
zumeist Weinberge. So war eigentlich die
Grundlage für eine stabile Wirtschaft
gegeben. Doch es erging dem Kloster in
den Unruhezeiten ab dem fünfzehnten
Jahrhundert immer übler. Zeiten,
Menschen und Sitten waren nicht zuletzt
wegen fortwährender Kriege anders
geworden. Im Kloster Stuben erschlaffte
die Ordenszucht. Das Gemeinschaftsleben
wurde vernachlässigt. Es herrschte
unterhalb der Mitschwestern Hass, Neid
und Zwietracht, so dass die gegenseitigen
Erbitterungen in Schmähungen ausarteten.
Einige Schwestern lebten in separaten
Wohnungen, stellten Mägde ein und
betrieben sogar eigene Viehhaltung. Es
bestand weder ein Dormitorium noch ein
gemeinsamer Speisetisch. Da es auch kein
Gästehaus gab, fanden Besuche in den
Privatwohnungen der Schwestern statt.
Fastenzeiten wurde vernachlässigt. Die
Nonnen trugen weltliche Kleider aus Samt
oder Seide und schweiften auf dem Lande
herum. Männer, namentlich die Ritter von
Arras, belagerten die Höfe des Klosters
und drangen in die Wohnungen ein. Es
bedurfte vieler Mühe, ja sogar der
Drohung des Kirchenbannes, um die Ritter
fernzuhalten. Zudem sammelten sich
Schulden über Schulden an. So konnte z.
B. eine Metzgerrechnung nur über eine
Spende bezahlt werden.
Schließlich musste Kurfürst Clemens
Wenzeslaus im Jahre 1788 das Kloster
schließen. Die Pfarrei Neef wurde wieder
eigenständig. Mehr als 650 Jahre stand
der Ort unter dem zweifelhaften Schutz
des Nonnenklosters, welches nie den Ruf
einer strengen Ordenszucht genossen
hatte. Der Seelsorger für den Ort bezog
1794 ein Pfarrhaus in Neef, das sich
direkt gegenüber der Matthiaskirche, die
seit 1316 die Pfarrkirche für Neef war,
befand.
|
|
|
erschienen
in: |
Heimat
zwischen Hunsrück und Eifel,
Beilage der Rheinzeitung, Nr. 3,
März 2000 |
|
|
|
|
|
|
|