Das
Erzbistum erlebte unter dem Kurfürsten
Balduin (1307 1354) einen großen
Aufschwung an Macht und Ansehen. In einer
Vielzahl von Fehden bekämpfte er
besonders die kleinen Dynastien in der
Eifel und des Hunsrück und erwarb
vielerlei Besitzungen. Dabei war er kein
Kind von Traurigkeit. Er
verschmähte nicht die Genüsse der Welt
und ließ seine Bischofswürde schon mal
an den Nagel hängen; lieber schmiss er
mit dem Schwert drein als dass er mit dem
Kreuz segnete; gerne versammelte er sich
mit Grafen und Rittern, Äbten und
Pröpsten zu üppigen Banketten und
wüsten Trinkgelagen, die nicht selten
mit wilden Raufereien endeten
so überliefern es seine
Zeitgenossen. Er hat in seiner
Regierungszeit rund 100 Fehden
ausgetragen, und wusste Siege für sich
zu nutzen. Als er verstarb hinterließ er
einen Nachlass, der mehr als 40 000
Gulden betrug eine enorme Summe in
der damaligen Zeit. Nicht wenige der
Trierer Landesherren hatten sich den
rauen Gepflogenheiten des Mittelalters
angepasst und sich allzu oft von dem
Gepräge des frühen Christentums, als
man dem Vorbild Jesus Christus in
Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft,
Nächstenliebe, ohne Streben nach Macht,
Geltung und Besitz folgte, entfernt.
Sicherlich gab es unter den
mittelalterlichen Kirchenfürsten auch
solche, die fromm waren der eine
mehr, der andere weniger oder auch
überhaupt nicht. Johann VI. soll
während seiner Regierungszeit keine
einzige Messe gelesen haben. Von
Kurfürst Kuno II. wird überliefert,
dass er bei Festen den Wein in Strömen
fließen ließ und dass
Gewalttätigkeiten unter den Gästen die
Regel waren. Johann VII. von Schönenberg
war in der Verfolgung von Hexen so
grausam, dass es zu ihm kaum eine
Parallele gibt. Johann Philipp von
Walderdorffs Verschwendungssucht
findet ihren Niederschlag in prächtiger
Hofhaltung und Mätressenwesen um
nur einige Beispiele zu nennen.
Da er der Bruder des verstorbenen
Kaisers Heinrich VII. und Freund und
stärkste Stütze des regierenden Kaisers
Ludwig war, wurde ihm so manches
ungebührende Verhalten nachgesehen und
ließ ihn so einige geschickt
eingefädelte Händels
gelingen. Balduin war nicht nur der
bedeutendste sondern auch der
auffälligste aller Trierer Kurfürsten.
Auch in Neef hat Balduin seine Spuren
hinterlassen und hat dadurch die
Geschichte des Ortes bereichert. Es mag
der üppige Weinvorrat gewesen sein, der
stets im Burgkeller lagerte, der sein
Interesse an Neef weckte. Zusätzlich hat
sicherlich auch seine gute Beziehung zum
Nonnenkloster Stuben eine Rolle gespielt.
Er war es, der den Weg von Neef zum
Kloster an der Mosel entlang so
erweiterte, dass er mit einem
vollbepackten Pferd beritten werden
konnte. Es wird berichtet, dass er die
laufenden Arbeiten immer wieder
beobachtete und dabei das Kloster
besuchte und beschenkte. Ja, er bedachte
des Kloster sogar in seinem Testament.
1325 erwirbt Balduin von Graf Gerhard
von Sponheim die Neefer Burg zu Lehen und
zahlte ihm dafür 150 Pfund Heller. Er
machte sie zu einem sogenannten
Offenhaus. Dies besagt, dass der
Lehensherr mitsamt seiner Burgmannen,
Küchenleute, Mägde und Knechte parat
stehen mussten, wenn der Kurfürst zu
Besuch kam und zu beköstigen war - auch
wenn er das Kloster Stuben besuchte.
Die Neefer Grafen befanden sich zu
jener Zeit in finanziellen
Schwierigkeiten. Einen großen Teil ihres
Besitzes hatte man an den Kirchberger
Juden Isaak verpfändet und war noch
einzulösen. Das gute Wirtschaften war
nicht gerade die Stärke der Herren von
Neef. Dies mag mit Sorge auch Balduin so
erkannt haben und wollte deshalb die
Einnahmen Gerhards vermehren.
Schließlich sollten die Bewirtungen
seiner Aufenthalte in der Burg in der ihm
gewohnten und zustehenden Üppigkeit
gewährleistet sein. Deshalb wurde
vermutlich durch seine Veranlassung und
durch seinen guten Bezug zum Kaiser Graf
Gerhard von Sponheim das Hohe Gericht
verliehen, was eine erhebliche
Einnahmequelle eröffnete. Nur Städten
und Marktflecken von Bedeutung standen
ansonsten dieses Privileg zu.
Offensichtlich traute man Gerhard
einen geschickten Umgang mir den neuen
Einkünften nicht zu. Deshalb verlieh ihm
der Kaiser gleichzeitig zur besseren
Verwaltung vier Juden. Die Kenntnisse der
Juden in finanziellen Dingen waren
allgemein geschätzt. Solche Praktiken
wandte Balduin in seinem Territorium
öfters mit Erfolg an.
Neben den Stubener Nonnen hatte auch
das Kurfürstentum Trier Neefer Wald im
Besitz, und Balduin war der Jagd sehr
zugetan. Die Neefer kürfürstliche Forst
verwaltete ein Cameralia, also ein
Kammerbeamter des Kurfürsten. So wird
Balduin bei seinen Aufenthalten in Neef
vermutlich zusammen mit Gerhard seiner
Jagdleidenschaft nachgegangen sein.
War eine Jagd angesagt, dann musste
der Cameralia mit seinen Wildjägern,
Jagdlakaien, Büchsenspannern und
Treibern nebst Hunden bereitstehen.
Gejagt wurden vorwiegend Rotwild,
Wildschweine, Niederwild, Feldhühner und
Tauben. Auf Befehl des Jagdherren mussten
auch schon mal ein oder zwei Wildschweine
mit Seilen gefangen werden. Wenn nach der
Jagd das übliche Gelage stattfand,
wurden die Überreste durch Fenster und
Türen nach draußen geworfen. Auch so
manche Überfülle, der man sich
erforderlichenfalls durch das Einstecken
des Fingers in den Hals entledigte,
sammelte sich sicherlich im Graben der
Neefer Burg an. Und um all den Unrat zu
entsorgen, wurde die Sau
rausgelassen. Dies war eine Art der
damaligen Müllentsorgung,
die vor allem Balduin praktizierte, wenn
nicht sogar eingeführt hatte.
In der überaus bewegten Biografie von
Balduin spielt Neef eine recht
untergeordnete Rolle. Jedoch scheint es
für ihn in diesem Moselort gewisse
Anreize gegeben haben, sich dort für
eine gelegentliche Stippvisite
einzurichten eine
Datscha im heutigen Sinne zu
haben.
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erschienen in |
Heimatbeilage
der Rheinzeitung Nr. 7 - Juli
2006, 54. Jahrgang |
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Erzbischof und
Kurfürst Balduin |
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