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Die Linie Neef der Grafen von Sponheim, ihre Beziehungen zum Kaiser Ludwig und Erzbischof Balduin, zu Sponheim und zum Reich im 14. Jahrhundert von Franz Josef Blümling
Am 29. Juli 1330 verlieh Kaiser Ludwig dem Neefer Grafen Gerhard von Sponheim das Hohe Gericht.

Wir Ludewig von gots gnaden romischer Keysir zu allen zitin mehrer des Reychis tun kunt, allin den die disin brief sehin oder horint lesen, waz wir dem vesten manne Gerharte von Spanheim genant von Neven unserm libin getreuwin und sinin erbin durch den dinst den er uns getan hat, vorthin haben und vorthin, das gerichte und die güt zu Neven mit allin rechtin und zugehördin wie die genant sin. Die wir im durch recht lehin sullin. Und wellin, daz sie niemdn dar an hinder bey unsern und des Reychis huldin und das übin so gebin wir in dism brief zu einem gezeuge. Diese sache vorsigilt mit unserm Insigel. Disir brief ist gebin auf dem velde zu Haginowe an dem nehesten Suntige nach sanct Jacobotage in dem sechtzehinden Jare unsers Reychis und in dem driten unsers Keysir tums.

Reichssiegel

Wie kam der Kaiser Ludwig dazu dem Never so einträgliche Reichslehen zu verleihen? Um das zu verstehen, muss man die Rolle des Sponheimer Grafenhauses insgesamt, ihre Beziehungen zu den römisch-deutschen Königs-, bzw. Kaiserhäusern, die damaligen geschichtlichen Ereignisse und nicht zuletzt die Figur des Kaiser Ludwigs IV., genannt der Bayer, aus dem Hause Wittelsbach, etwas näher betrachten.

Wer war das, dieser Ludwig, der Bayer? Ludwig war der jüngere Sohn von Herzog Ludwig, dem Strengen, von Oberbayern und seiner Frau Mechthilde, Tochter von Rudolf I. von Habsburg.

Auf Wunsch und durch den Einfluss seiner Mutter wurde er , obwohl er noch einen älteren Bruder, Rudolf I. von Bayern, hatte Mitregent und Herzog, von Oberbayern. In Folge dessen war dann auch das Verhältnis der beiden Brüder zeitlebens eher gespannt. 1313, nach dem Ableben von Kaiser Heinrich VII. aus dem Hause Luxemburg ( übrigens: der Bruder von dem Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg) wollte die Luxemburger Partei eigentlich Johann, den 17 jährigen Sohn Heinrichs, zur Wahl stellen. Da sich aber offensichtlich keine Mehrheit für seine Wahl finden ließ, einigte man sich auf Ludwig. Aber auch dessen Bruder hatte sich Hoffnungen auf den Thron gemacht. Gewählt wurde dann aber Ludwig am 20. Okt 1314 in Frankfurt a. M. von Mainz, Trier, Böhmen ( Johann von Böhmen), Brandenburg und Sachsen- Lauenburg zum 38. römisch- deutschen König. Ein Tag zuvor war aber schon Friedrich. der Schöne, Herzog von Österreich aus dem Hause Habsburg und Enkel Rudolf I. in Sachsenhausen von der Gegenfraktion, nämlich Köln, der Pfalz, Sachsen-Wittenberg und Böhmen (Heinrich von Kärnten) ebenfalls zum König gewählt worden.

Interessanterweise hatten auch die Sponheimer unterschiedlich gestimmt, nämlich Graf Johann von der hinteren Grafschaft für Ludwig und die Grafen Simon und Johann von der vorderen Grafschaft für Friedrich, ebenso wie Ludwigs Bruder Rudolf. Eine gleichermaßen spannende, aber auch hochbrisante und pikante Angelegenheit. Diese hatte dann auch für die vordere Grafschaft Sponheim schlimme Auswirkungen, da Balduin, der Förderer Ludwigs, 1320, den Herzog Rudolf v. Bayern, die Grafen von Sponheim und Nassau und den Grafen Johann v. Spnhm der Vorderen Grafschaft angriff. Er eroberte mit Waffengewalt Schloß Sprendlingen und verwüstete Kreuznach, Sponheim und Kastellaun schwer. Übrigens war das nicht das einzige Mal, dass Balduin Sponheim angriff. So belagerte er auch 1328 Birkenfeld. Loretta von Sponheim die damals die hintere Grafschaft für ihre noch unmündigen Söhne verwaltete nahm diesen dann kurzerhand gefangen. Erst gegen ein hohes Lösegeld und die Aufhebung der Belagerung kam Balduin wieder frei.

Das Deutsche Reich hatte also nun für die nächsten Jahre zwei Könige. Das kam allerdings öfters mal vor. Im Prinzip hatte man ähnlich, wie heute eine große Koalition. Die Parteien blockiertensich gegenseitig und trugen ständig Scharmützel miteinander aus. 1322 standen sich die beiden Kontrahenten bei Mühldorf auf der Ampfinger Heide nach einigen Scharmützeln ein letztes Mal gegenüber. Friedrich unterlag Ludwig bei dieser Schlacht. Er selbst und 1300 seiner Gefolgsleute kamen in Gefangenschaft, Ludwig war nun alleiniger König des römisch-deutschen Reiches.

Aber nun folgen jahrelange Auseinandersetzungen mit dem Papst, Johannes XXII. Die Folge davon waren Interdikt und Kirchenbann, zeitlebens, für Ludwig. Jeder zweifelte die Kompetenz des Anderen an. Es war die Fortsetzung und der Höhepunkt des Investiturstreites zwischen Papst- und Kaisertum, also zwischen geistlicher und weltlicher Macht. Der schwelte schon seit dem XI. Jahrhunder. Schließlich erfolgte doch 1328 die Krönung zum römisch deutschen Kaiser. Gekrönt wurde er von dem, von ihm selbst eingesetzten, Gegenpapst Nikolaus V.

Zur Ergänzung noch: Das Römisch- deutsche Reich erstreckte sich damals von den Niederlanden im Norden, Königsberg und Ungarn im Osten bis Norditalien im Süden und den heutigen Beneluxländern im Westen.

Da Ludwig nur eine relativ schmale eigene territoriale Machtbasis ( Oberbayern und die Pfalzgrafschaft bei Rhein)hatte, war er zeitlebens auf der Suche nach loyalen Verbündeten und Vasallen und mit dem Ausbau seiner Hausmacht beschäftigt, was er auch ziemlich rücksichtslos betrieb.

Besonders erwähnenswert sind aber auch seine gezielte Städte- und Ordnungspolitik und seine angestrebte einheitliche Rechtssprechung. Auf seine Zeit gehen viele Stadtgründungen mit besonderen Rechten für diese Städte zurück, wie zum Beispiel auch Winterburg in der Grafschaft Sponheim.

Kommen wir nun zum Hause der Grafen von Sponheim. Das sponheimer Kerngebiet erstreckte sich von Rheinhessen , rechts der Nahe über den gesamten Hunsrück bis an die Mosel. Die Burg Neef mit dem zugehörigen Besitz bekamen die Sponheimer Mitte des 12. Jahrh. zum Lehen und gehörte fortan zu deren Kerngebiet. Der Stammsitz des Hauses war über 200 Jahre lang bis 1227 die Burg Sponheim im Ellerbachtal bei Kreuznach. Ihre Territorial-Politik übten die Sponheimer eher durch Heiraten, als durch kriegerische Auseinandersetzungen aus. Sie waren Reichsgrafen und mit vielen der ersten Adelshäuser des Reiches verwandt und verschwägert (1156 Eine Sponheimerin, Name unbekannt, war mit dem Pfalzgrafen Konrad, dem Bruder Friedrich Barbarossas verheiratet. – 1331 Johann III. von Sponheim-Starkenburg, ältester Sohn Lorettas und Heinrichs heiratet Mechthild, die Tochter von Ludwigs Bruder Rudolf), so auch mit den Staufern, den Wittelsbachern und Hohenzollern. Sponheimer saßen aber auch in Kärnten, Vianden, Sayn, Heinsberg, Bolanden –Dannenfels und Neef. Sie hatten hohe kirchliche und weltliche Ämter inne.

1227 kam es dann, aus welchen Gründen auch immer, zur Teilung in die Vordere und Hintere Grafschaft. Der Sitz der Hinteren Grafschaft war Traben-Trabach und der der Vorderen Grafschaft Kreuznach.

Simon I., der Großvater von Gerhard, dem Never, war der erste Graf der vorderen Grafschaft. Dazu gehörte dann auch Neef. Gerhards Vater, Eberhard, zweiter Sohn von Simon, wiederum, war ursprünglich Domherr in Köln, hatte aber einen rechtmäßigen Anspruch am väterlichen Erbe. Diesen klagte er, eben so wie auch sein Bruder Heinrich ( später Bolanden- Dannenfels), ein. Er erhielt nach einigen Auseinandersetzungen unter anderem die Burg Neef. Sein Erbgut erlaubte Graf Eberhard, Elisabeth, die Tochter des Truchsessen Gerhard von Alzey, einem Ministerialen des Pfalzgrafen bei Rhein, also Ludwigs Vater, zu heiraten. Sie stammte also aus niederem Adel. Deshalb durften deren beider Söhne den Grafentitel nicht mehr führen. Gerhard, Herr von Neef, wiederum trug dann die Burg 1325 dem Erzbischof Balduin, also dem Verbündeten und Gönner Ludwigs, zum Lehen auf. Sie wurde Offenburg für Erzbischof und Kaiser.

Gerhard hatte durch das Erbe seiner Mutter auch einen Anspruch auf das Truchsessenam des Pfalzgrafen. Er stand also schon im Dienst des Kaisers, der ja auch Pfalzgraf war und erhielt von ihm 1330 die nicht unerheblichen Reichslehen.

Gerhard ist dann 1353, ohne männliche Erben, gestorben. Das Erbe fiel an seine Schwester Elisabeth und deren Sohn Johann von Scharfeneck - und Neef war für Sponheim verloren.

Weshalb kam es gerade in Hagenau auf dem Felde zur Gerichtsverlehung?

In Hagenau hate eine Auseinandersetzung am 6. August 1330 ihr Ende genommen: Im Vertrag/Frieden von Hagenau erkennen die Habsburger den Wittelsbacher, Ludwig den Bayer, als deutschen Kaiser an. Mit den Lehensverleihungen ein paar Tage zuvor - so dürte man vermuten - revanchiert sich der Kaiser für die Unterstützung in einem jahrelangen Konflikt. Dieser wurde – so kann man weiter vermuten - auf dem „Velde zu Haginowe“ mit Waffen ausgetragen. Dabei hatte sich der „vesten Manne Gerhard von Sponheim – genannt den Neven“ - bewährt und wurde deshalb vom Kaiser entsprechend belohnt.

Die Grafen von Sponheim, die Herren von Neef, hatten sich nie wegen finanzieller Geschicklichkeit hervorgetan. So halfen mehrmals die Juden Isaak und Namegud aus Kirchberg aus, um finanzielle Engpässe zu überwinden. Als Sicherheit mussten diesen Bürgen herangebracht und auch wertvolle Rechte und Besitztümer verpfändet werden. Es gab immer wieder Turbulenzen und Streitigkeiten in finanziellen Angelegenheiten. Deshalb wurden Gerhard vorsorglich vom Kaiser vier Juden verlehnt, welche die Finanzen in der Neefer Burg besser zu regeln hatten. Schließlich standen ja mit der Ausübung des Hohen Gerichtes hohe Einnahmen in konkreter Aussicht. Auch Kurfürst Balduin überließ mit Erfolg seine zentrale Finanzverwaltung geschickten jüdischen Kaufleuten.

Bei dieser Verlehnung fällt auf, dass auch der Wildgraf Johann von Dhaun im Gefolge des Vertrages das Recht erhielt, 15 Juden "halten zu dürfen".

Inhalt der Urkunde vom gleichen Tag; Verlehnung von 4 Juden:

Der romische Kayser Ludwig belehent den vesten Manne Gerhard von Sponheim + mit 4 Juden und deren Nutz und dienstbarkeit in solang bis er von ihm oder deme Nachfolger am Reich widerrufen verde. G.g. zu Hagenau den Sontag nach St Jacobs Tag. an.1330. (den 29. Jul. 1330) das anhangende Siegel ist unversehrt.

+ genant von Neven

 
 
erschienen in
Heimatbuch Cochem Zell 2011
 
 
Originalurkunde vom 29. Juli 1330
Abdrucksgenehmigung: Bayerisches Hauptstaatsarchiv
 
 
Nachweis der Urkunde von 1330
 
 
siehe auch unter
Urkunden
 
 
 
Literaturnachweise:
  Ausarbeitung von Rudolf Gräff, 1. Vorsitzender des Freundeskreises der Burg Sponheim, erschienen im Sponheimer Bote, 1/2010
Eigene Recherchen des Autoren in Zusammenarbeit mit Lars Jendral von der Rheinischen Landesbibliothek Koblenz
Winfried Dotzauer: Geschichte des Nahe-Hunsrück-Raumes. Stuttgart 2001, S. 131.
Bildnachweise:
   
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